Leseempfehlungen für den Sommer 2023

You are currently viewing Leseempfehlungen für den Sommer 2023
von Ellen Köhler

Ich bin Ellen und Buch­händ­le­rin aus Lei­den­schaft, wes­halb ich mich schon­mal für euch durch die kom­men­den som­mer­li­chen Neu­erschei­nun­gen mei­ner bei­den Lieb­lings­ver­la­ge gele­sen habe und zwei abso­lu­te Emp­feh­lun­gen aus­ma­chen konnte!

Mittsommertage

Mitt­som­mer­ta­ge — so heißt das beim C.H. Beck Ver­lag neu erschie­ne­ne Buch von Ulrich Woelk, und der Name ist Pro­gramm: Der gesam­te Roman spielt sich inner­halb einer ein­zi­gen Woche im Mitt­som­mer im hei­ßen Ber­lin ab. Doch die­se ein­zi­ge Woche ver­mag das gesam­te Leben der Prot­ago­nis­tin auf den Kopf zu stellen…

Als sie an einem Mon­tag mor­gen nichts­ah­nend zu ihrer all­mor­gend­li­chen Jog­ging­run­de antritt und dort von einem Hund gebis­sen wird, ahnt die Ethik­pro­fes­so­rin Ruth Lem­bert noch nicht, dass dies der Beginn einer Ket­te unglück­li­cher Ereig­nis­se ist. Eigent­lich befin­det sie sich am Gip­fel ihrer Kar­rie­re, soll bald Mit­glied des deut­schen Ethik­ra­tes wer­den und ihr Mann hat gera­de einen wich­ti­gen Archi­tek­tur­wett­be­werb gewon­nen. Doch dann holen sie Ereig­nis­se aus ihrer Ver­gan­gen­heit ein: Ein alter Lieb­ha­ber aus Stu­di­en­zei­ten, mit dem sie damals einen umwelt­ak­ti­vis­ti­schen Anschlag ver­übt hat, spürt sie auf.

© C.H. Beck
© C.H. Beck

Als die­ses pikan­te Detail ihres Lebens­lau­fes an die Öffent­lich­keit kommt und sie auch noch an der Treue ihres Man­nes zwei­feln muss, gerät ihr Leben aus den Fugen…

Der Roman zeich­net sich durch sei­ne schlich­te, aber ein­dring­li­che Spra­che aus. Er behan­delt The­men, die aktu­el­ler nicht sein könn­ten – eines davon: Wie weit darf Pro­test für die Umwelt gehen? —  und setzt sich durch den phi­lo­so­phi­schen Hin­ter­grund der Prot­ago­nis­tin reflek­tiert mit die­sen aus­ein­an­der.  Die Cha­rak­te­re wir­ken den­noch nah­bar, und die Gescheh­nis­se fol­gen dicht auf­ein­an­der, was den Roman zu einem abso­lu­ten Page-Tur­ner macht!

Paradise Garden — Ein ergreifender Coming-of-Age Roman im Benedict Wells Stil!

Para­di­se Gar­den, der bei Dio­ge­nes im August erschei­nen­de Debut­ro­man der jun­gen Autorin Ele­na Fischer, ist bereits für den Debüt­preis des Har­bour Front Lite­ra­tur­fes­ti­vals nomi­niert – mei­ner Mei­nung nach abso­lut zu Recht!

Die 14-jäh­ri­ge Bil­lie wohnt mit ihrer Mut­ter in einer tris­ten Hoch­haus­sied­lung am Stadt­rand und träumt schon seit ihrer Kind­heit davon, eines Tages einen Urlaub am Meer machen zu kön­nen. Doch als ihr Traum sich end­lich zu erfül­len scheint, macht ihr das Schick­sal einen Strich durch die Rech­nung: Ihre kran­ke Groß­mutter kommt aus Ungarn zu Besuch, um sich in Deutsch­land behan­deln zu las­sen, und als bei einem Streit mit ihrer Groß­mutter Bil­lies Mut­ter durch einen unglück­li­chen Sturz ums Leben kommt, ist nichts mehr so, wie es ein­mal war… Doch Bil­lie lässt sich von der Trau­er und der Wut auf ihre Groß­mutter nicht aufhalten: 

© Dio­ge­nes
Sie macht sich im alten Nis­san ihrer Mut­ter auf, um ihren Vater zu suchen, von dem sie fast nichts weiß, außer dass er an einem Ort am Meer wohnt. Als sie den Mann, von dem sie glaubt, ihr Vater zu sein, end­lich fin­det, erfährt sie die Wahr­heit über die Ver­gan­gen­heit ihrer Mutter… 
 

Ein ein­dring­li­cher Coming-of-Age  Roman, der beson­ders Leser*innen von Bene­dict Wells gefal­len wird. Man schließt alle Cha­rak­te­re, beson­ders auf­grund ihrer Fähig­keit, mit Fan­ta­sie dem tris­ten Leben in der Hoch­haus­sied­lung zu ent­flie­hen, sofort ins Herz. Trotz des tra­gi­schen Beginns der Geschich­te lässt Para­di­se Gar­den die Lesen­den nicht trau­rig, son­dern hoff­nungs­voll zurück.