Kafkas Mischtier und die Ethik im Gattungskontext

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Von Johan­nes Hofmann

 

In vie­len Tex­ten Kaf­kas kön­nen Tie­re han­deln und spre­chen wie Men­schen. In der For­schung wer­den sie den­noch kaum als Fabel­we­sen betrach­tet. An Kaf­kas Erzäh­lung „Eine Kreu­zung” lässt sich zei­gen, dass der Gat­tungs­be­griff der Fabel erwei­tert wer­den soll­te, um der ethi­schen Dimen­si­on der Fabel Rech­nung zu tra­gen. Die wesent­li­chen Gat­tungs­kri­te­ri­en der Fabel wer­den dabei bei­be­hal­ten, jedoch, ana­log zu einer Ethik Kants, neu jus­tiert: Die Moral der Fabel kommt nicht von Tie­ren, son­dern mit Tieren. 

1. Kafkas Tiere und die Fabel

Das aka­de­mi­sche Inter­es­se an Kaf­kas Tie­ren ist außer­or­dent­lich hoch, was nicht zuletzt dar­in begrün­det liegt, dass kein Autor der klas­si­schen Moder­ne dem Tier so viel Raum gibt wie Franz Kaf­ka (vgl. Ther­mann 2010: 12). Es las­sen sich bei der Betrach­tung sei­ner Tex­te jedoch kaum Gene­ra­li­sie­run­gen fin­den, die sei­ne Tier­fi­gu­ren sowie deren Wesen und Funk­ti­on adäquat abbil­den könn­ten, denn für gewöhn­lich ent­zie­hen sich Kaf­kas Tie­re glo­ba­ler Anthro­po­mor­phi­sie­rungs­me­cha­nis­men. Zudem ver­schie­ben sie die Gren­ze zwi­schen Mensch und Tier oder heben sie gar gänz­lich auf, wobei das Sprach­ver­mö­gen oft­mals nur eine sekun­dä­re Rol­le spielt, da es in Kaf­kas Tex­ten ohne­hin nicht als anthro­po­zen­tri­sches Allein­stel­lungs­merk­mal zur Abgren­zung zum Tier fun­giert. Viel­mehr füh­len und han­deln Kaf­kas Tie­re auch wie Men­schen — und sind damit oft­mals in ihrer Wer­tig­keit und in ihrer Indi­vi­dua­li­tät auf glei­che Stu­fe gestellt (vgl. Fin­ger­hut 1969: 93).

Auf­grund ihrer Eigen­tüm­lich­keit las­sen sie sich kei­ner lite­ra­ri­schen Kon­ven­tio­nen unter­ord­nen, wes­we­gen sie auch nur par­ti­ell im gat­tungs­spe­zi­fi­schen und damit im inter­tex­tu­el­len (Tier-)Kontext dis­ku­tiert wer­den. Die dort ansäs­si­gen Fra­ge­stel­lun­gen wer­den gewöhn­lich durch die Deu­tung indi­vi­du­el­ler Tier-Instru­men­ta­li­sie­run­gen sup­p­ri­miert, und der Ver­such einer Sys­te­ma­ti­sie­rung in Rela­ti­on zu lite­ra­ri­schen Spiel­räu­men wird häu­fig unter­las­sen. Ein mög­li­cher Grund dafür könn­te die Unsi­cher­heit über den Erkennt­nis­ge­winn einer sol­chen gat­tungs­spe­zi­fi­schen Unter­su­chung sein. Schließ­lich zeich­nen sich Kaf­kas (Tier-)Texte durch ihre Viel­deu­tig­keit aus, sodass man sie durch Abs­tra­hie­rung und Ein­bet­tung in einen lite­ra­ri­schen Rah­men mög­li­cher­wei­se ihrer Ent­fal­tungs­kraft berau­ben könnte.

Den­noch wer­den man­che gat­tungs­spe­zi­fi­schen Fra­ge­stel­lun­gen, unab­hän­gig ihrer Prak­ti­ka­bi­li­tät, gera­de­zu for­ciert. Spre­chen­de und mensch­lich han­deln­de Tie­re, die zudem oft in einem ethisch auf­ge­la­de­nen Kon­text auf­tre­ten, sind pri­ma facie kaum aus der lite­ra­ri­schen Gat­tungs­tra­di­ti­on der Fabel zu lösen. Mit wel­chen Kom­pli­ka­tio­nen dies ver­bun­den ist, zeigt sich bei dem Text „Klei­ne Fabel” ganz para­dig­ma­tisch. Er gehört wohl zu den bekann­tes­ten Tier-Tex­ten Kaf­kas und kann sich allein auf­grund des Titels kei­nem Fabel­ver­gleich entziehen.

»Ach«, sag­te die Maus, »die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hat­te, ich lief wei­ter und war glück­lich, daß ich end­lich rechts und links in der Fer­ne Mau­ern sah, aber die­se lan­gen Mau­ern eilen so schnell auf­ein­an­der zu, daß ich schon im letz­ten Zim­mer bin, und dort im Win­kel steht die Fal­le, in die ich lau­fe.« – »Du mußt nur die Lauf­rich­tung ändern«, sag­te die Kat­ze und fraß sie. (Kaf­ka: Klei­ne Fabel, 326)

Obgleich „Klei­ne Fabel” eini­ge der von Les­sing kon­sta­tier­ten Fabel­merk­ma­le auf­weist (vgl. Alle­mann: 1983: 342), stellt sich den­noch die Fra­ge, ob nicht ande­re Gat­tungs­kri­te­ri­en uner­füllt blei­ben oder sogar ver­kehrt wer­den. Die­se Refle­xi­on ergibt sich natür­lich erst dann, wenn durch den Text diver­se Kol­la­ti­ons­me­cha­nis­men initi­iert wer­den, wel­che die ursprüng­li­chen Erwar­tun­gen an den Text auf­de­cken, indem die­sel­bi­gen nicht oder nur par­ti­ell erfüllt wer­den. In „Klei­ne Fabel” geschieht dies vor allem durch den spöt­ti­schen Rat der Kat­ze und ihre unver­mit­tel­te Ver­spei­sung der Maus; zudem wird der Fabel­cha­rak­ter des Tex­tes auch durch die „ganz anders gear­te­te Über­le­gen­heit” der Maus sowie durch die nar­ra­to­lo­gisch indu­zier­te All­wis­sen­heit der Kat­ze kon­ter­ka­riert (vgl. Fin­ger­hut: 173). Der Text wird daher unter ande­rem nicht als Fabel bezeich­net, son­dern als „Anti-Fabel” (Sudau 2008: 110) oder als Para­bel (vgl. Fin­ger­hut: 172).

Von gat­tungs­spe­zi­fi­scher Einig­keit bei Kaf­kas Tier-Tex­ten kann, selbst bei die­ser sehr fabel­ty­pi­schen Instru­men­ta­li­sie­rung von Tie­ren, nicht die Rede sein. Kaf­kas Tie­re wer­den daher in der For­schung meist nicht im Fabel­kon­text dis­ku­tiert. Dass es trotz­dem sinn­voll sein kann, die Fabel als lite­ra­ri­schen Deu­tungs­raum für Kaf­kas Tier-Tex­te her­an­zu­zie­hen, zeigt sich unter ande­rem an deren ethi­scher Dimension.

2. Kafkas Tiere und die Ethik

Chris­ti­ne Lub­koll löst sich bei ihrer Unter­su­chung von Kaf­kas Tie­ren von gat­tungs­spe­zi­fi­schen Fra­ge­stel­lun­gen und ver­weist viel­mehr auf drei ethi­sche Refle­xi­ons­ebe­nen, die sich bei Kaf­kas lite­ra­ri­schem Umgang mit Tie­ren abzeich­nen: Ers­tens gebe es tier­ethi­sche Text­in­ter­pre­ta­tio­nen (mit poten­ti­el­len außer­text­li­chen Impli­ka­tio­nen), die Fra­gen nach einem ange­mes­se­nen Umgang mit Tie­ren auf­wer­fen; zwei­tens wür­den Kaf­kas Tex­te die Wahr­neh­mung, Dar­stel­lung und Dar­stell­bar­keit von Tie­ren aus mensch­li­cher Sicht hin­ter­fra­gen; und drit­tens gehe es um die apo­re­ti­sche For­de­rung, Tie­re frei jeg­li­cher ver­stell­ter Natur­vor­stel­lun­gen abzu­bil­den (vgl. Lub­koll 2015: 156f). Die­se Ebe­nen ste­hen, wie Lub­koll erkennt, in einem gegen­sei­ti­gen Bezugs­ver­hält­nis und sind zudem wei­ter unter­teil­bar. Den­noch zei­gen sie deut­lich, dass sich die Bedeu­tung von Kaf­kas Tie­ren stets in einem ethi­schen Kon­text manifestiert.

Der Anthro­po­zen­tris­mus, der sich in den von Lub­koll her­aus­ge­ar­bei­te­ten Refle­xi­ons­ebe­nen erken­nen lässt, fin­det sich auch in der Tier­ethik Imma­nu­el Kants wie­der. Für Kant liegt der ethi­sche Umgang des Men­schen mit dem Tier aus­nahms­los in der Refle­xi­vi­tät begrün­det, denn „sei­ne ver­meint­li­che Pflicht gegen ande­re Wesen ist bloß Pflicht gegen sich selbst” (Kant 1959: 295). So kön­nen nicht- mensch­li­che Wesen „für Kant allen­falls Anlass mora­li­scher Refle­xi­on, nicht aber deren Gegen­stand sein” (Bor­gards 2015: 175). Somit wer­den lite­ra­ri­sche Begeg­nungs­or­te von Mensch und Tier in Anleh­nung an Kant zu „Pro­be­büh­nen, auf denen sich die Pra­xis zwi­schen­mensch­li­chen Han­delns üben lässt” (ebd.: 176). Mit Bezug auf Lub­koll und Kant lässt sich die Gat­tung Fabel also umden­ken, sodass die wesent­li­chen Gat­tungs­merk­ma­le erhal­ten blei­ben, aber eine neue Aus­rich­tung erfahren.

3. Die Fabel als ethische Probebühne

Ähn­lich wie bei ande­ren Gat­tun­gen, han­delt es sich bei der Fabel um einen nicht fixier­ten lite­ra­ri­schen Refle­xi­ons­raum, in dem sich pro­to­ty­pi­sche Cha­rak­te­ris­ti­ka nur bedingt fest­le­gen las­sen. Laut des Gat­tungs­theo­re­ti­kers Rüdi­ger Zym­ner ist neben dem (glo­bal) anthro­po­mor­phi­sier­ten Tier vor allem ein Anwen­dungs­si­gnal kon­sti­tu­tiv, wel­ches sich als Leh­re oder Moral zu erken­nen gibt (vgl. Zym­ner 2009: 234). Doch selbst die­se Mini­mal­kri­te­ri­en bedür­fen einer Aus­le­gung, wobei unter ande­rem der Grad der Anthro­po­mor­phi­sie­rung, die Erkenn­bar­keit des Anwen­dungs­si­gnals, und die Qua­li­tät der meta­pho­ri­schen Über­trag­bar­keit stets rela­tiv bleibt. Zudem wer­den alle Gat­tungs­kri­te­ri­en durch die nar­ra­ti­ve Dimen­si­on des Tex­tes wesent­lich tangiert.

Ste­pha­nie Wal­dow hat dies­be­züg­lich in einer dia­chro­nen, poe­to­lo­gi­schen Refle­xi­on ver­schie­de­ne Fabel­theo­rien kon­tras­tiert und dabei deren ethi­sche Dimen­sio­nen her­aus­ge­ar­bei­tet. Dabei zeigt sich, dass die Fabel nicht als lite­ra­ri­scher Begeg­nungs­ort ver­stan­den wer­den muss, an dem anthro­po­mor­phi­sier­te Tie­re ethi­sche Wahr­hei­ten unter­brei­ten. Viel­mehr hand­le es sich bei der Fabel um einen „ethi­schen Aus­hand­lungs­ort über die Gren­zen des Mensch­li­chen und Tie­ri­schen” (Wal­dow 2015: 148), wo „[d]as Allein­stel­lungs­merk­mal des Men­schen als sprach­li­ches, ver­nunft­be­gab­tes und in der Fol­ge mora­lisch han­deln­des Sub­jekt […] in Fra­ge gestellt” (ebd.: 147) wird. Die ethi­sche Dimen­si­on der Fabel mani­fes­tiert sich somit nicht zwin­gend durch das Anthro­po­mor­phi­sier­te, son­dern in der Anthro­po­mor­phi­sie­rung selbst, und dabei „erweist sich die Fabel als inno­va­ti­ves For­mat, um bestehen­de Macht­dis­kur­se zu hin­ter­fra­gen” (ebd.: 149).

Indem die ethi­sche Dimen­si­on der Fabel in den Vor­der­grund gerückt wird, las­sen sich neue Kon­tex­te erschlie­ßen, die den Men­schen und den Anthro­po­zen­tris­mus inte­grie­ren und zugleich hin­ter­fra­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund erscheint ein Fabel­be­griff, der aus­schließ­lich anthro­po­mor­phi­sier­te Tie­re in mora­li­sie­ren­der Erschei­nung impli­ziert, obsolet.

4. Kafkas „Eine Kreuzung” als Fabel

„Eine Kreu­zung” ist einer der am wenigs­ten beach­te­ten Tier-Tex­te Kaf­kas. Zudem zeigt sich, dass die Aus­le­gung des Tex­tes oft gleich­ge­stellt wird mit der Aus­le­gung alle­go­ri­scher Ele­men­te, die dabei einer zir­ku­la­ren Erkennt­nis­su­che gleich­kommt: Mit­hil­fe von Kaf­kas Bio­gra­fie soll „Eine Kreu­zung” gewis­ser­ma­ßen ent­schlüs­selt wer­den, um dabei wie­der­um Erkennt­nis­se über Kaf­ka selbst zu gewin­nen. Das Misch­tier in der Erzäh­lung wird in die­sem Sin­ne nicht sel­ten als Ver­kör­pe­rung der dicho­to­men Iden­ti­tät Kaf­kas oder als „Aus­druck des Selbst­wi­der­spruchs im Men­schen” (Eme­rich 1965: 140) gele­sen. Was ein Tier-Text Kaf­kas bedeu­tet spielt oft eine grö­ße­re Rol­le als wie der Text Bedeu­tung generiert.

Im Fol­gen­den soll gezeigt wer­den, dass sich in „Eine Kreu­zung” alle der von Lub­koll kon­sta­tier­ten Refle­xi­ons­ebe­nen befin­den und sich die­se im gat­tungs­spe­zi­fi­schen Kon­text der Fabel beson­ders pro­duk­tiv ent­fal­ten. Der Text lässt sich somit als Demons­tra­ti­on eines radi­ka­len Macht­dis­kur­ses lesen, der, zusätz­lich zum Sprach­ver­mö­gen, in der Mög­lich­keit der Anthro­po­mor­phi­sie­rung begrün­det ist.

4.1 Aus ruhigen Tieraugen und der Respekt vor dem Unfasslichen

Die Erzäh­lung beginnt mit einer natu­ra­lis­ti­schen Dar­stel­lung des eigen­tüm­li­chen Tiers, wel­ches sich im Besitz des Erzäh­lers befin­det [Da in der Erzäh­lung „Eine Kreu­zung” das bio­lo­gi­sche Geschlecht der nar­ra­ti­ven Instanz durch­weg unbe­stimmt bleibt, soll im Fol­gen­den Sus­an S. Lan­sers nar­ra­to­lo­gi­sches Beschrei­bungs­prin­zip ange­wandt wer­den: Das bio­lo­gi­sche Geschlecht des Autors (Franz Kaf­ka) bestimmt in der Bezug­nah­me auf die nar­ra­ti­ve Instanz (zumin­dest) das gram­ma­ti­ka­li­sche Geschlecht, d.h. „er” — „der Erzäh­ler”]. Dabei tritt vor allem Kaf­kas „Spra­che des neu­tra­len Aus­drucks” (Kraft 1972: 20) in Erschei­nung, die eine schein­bar ent­emo­tio­na­li­sier­te Hal­tung des Erzäh­lers gegen­über sei­nem Tier wider­spie­gelt. Der Fokus liegt dabei merk­lich auf der Gegen­über­stel­lung von Oppo­si­tio­nen, die sich vor­erst fast aus­schließ­lich auf äußer­lich wahr­nehm­ba­re Beob­ach­tun­gen stützen.

Nach einem frü­he­ren Ungleich­ge­wicht setzt sich das Tier laut Erzäh­ler nun glei­cher­ma­ßen aus Lamm und Kat­ze zusam­men. Kopf und Kral­len ent­spre­chen der einer Kat­ze, Grö­ße und Gestalt hin­ge­gen sind vom Lamm; das Fell­haar ist knapp, aber trotz­dem weich; das Tier bewegt sich hüp­fend und schlei­chend; es schnurrt auf dem Fens­ter­brett und lässt sich auf der Wie­se nicht mehr ein­fan­gen; „vor Kat­zen flieht es, Läm­mer will es anfal­len” (Kaf­ka: Eine Kreu­zung, 295) [In die­sem Kon­text scheint das Modal­verb „wol­len” kein Anzei­chen auf Anthro­po­mor­phis­mus zu sein. Eher han­delt es sich hier um die Beschrei­bung von äußer­lich wahr­nehm­ba­ren Ver­hal­tens­mus­tern des Tiers]; es sitzt stun­den­lang neben dem Hüh­ner­stall auf der Lau­er, nimmt Mord­ge­le­gen­hei­ten aber dann doch nicht wahr; süße Milch saugt es in lan­gen Zügen über Raub­tier­zäh­ne hin­weg in sich ein. Nur ver­ein­zelt las­sen in der äußer­li­chen Beschrei­bung des Tiers kaum aus­ge­präg­te Pro­jek­ti­ons­me­cha­nis­men erken­nen. So sol­len die Augen des Tiers „fla­ckernd und wild” (ebd.) sein; miau­en soll es nicht kön­nen [Es bleibt hier unklar, ob das Tier tat­säch­lich nicht miau­en kann oder es ein­fach nicht tut] und vor Rat­ten soll es Abscheu haben.

Obwohl durch die Beschrei­bung der Inho­mo­ge­ni­tät gleich zu Beginn der Erzäh­lung ein immenses Pro­jek­ti­ons­po­ten­ti­al gene­riert wird, erklärt der Erzäh­ler sei­nen unein­ge­schränk­ten Respekt vor der Eigen­tüm­lich­keit des Tiers:

Natür­lich ist es ein gro­ßes Schau­spiel für Kin­der. Sonn­tag Vor­mit­tag ist Besuch­stun­de. Ich habe das Tier­chen auf dem Schoß und die Kin­der der gan­zen Nach­bar­schaft ste­hen um mich her­um. Da wer­den die wun­der­bars­ten Fra­gen gestellt, die kein Mensch beant­wor­ten kann: War­um es nur ein sol­ches Tier gibt, war­um gera­de ich es habe, ob es vor ihm schon ein sol­ches Tier gege­ben hat und wie es nach sei­nem Tode sein wird, ob es sich ein­sam fühlt, war­um es kei­ne Jun­gen hat, wie es heißt und so wei­ter. Ich gebe mir kei­ne Mühe zu ant­wor­ten, son­dern begnü­ge mich ohne wei­te­re Erklä­run­gen damit, das zu zei­gen, was ich habe. (ebd.)

In die­ser zen­tra­len Text­stel­le han­delt es sich um die von Lub­koll kon­sta­tier­te Refle­xi­ons­ebe­ne, in der jeg­li­cher Anthro­po­mor­phis­mus ver­neint wird und die For­de­rung gestellt wird, „das Tier Tier sein zu las­sen, aber eben nicht nach von Men­schen gemach­ten und gedach­ten Maß­ga­ben und Maß­stä­ben” (Lub­koll: 157). Dies geschieht hier zudem in uni­ver­sa­li­sie­ren­der Manier: Der Erzäh­ler erklärt näm­lich jeg­li­che Fra­gen nach dem Sein des Tiers nicht nur als sub­jek­tiv, son­dern auch als objek­tiv unbe­ant­wort­bar, denn kein Mensch kön­ne Ant­wor­ten auf die son­der­ba­ren Fra­gen der Kin­der geben. Die Spe­zi­fi­zie­rung der Fra­gen als „son­der­bar” ist jedoch ihrer­seits son­der­bar, denn schließ­lich sind die Fra­gen, beson­ders für Kin­der, nicht unge­wöhn­lich und teil­wei­se sehr wohl beant­wort­bar. Dass der Erzäh­ler selbst die Fra­ge nach dem Namen der Kreu­zung als son­der­bar betrach­tet, zeigt die all­um­fas­sen­de Ableh­nung der Ver­mensch­li­chung des Tiers. Es ist zudem mög­lich, dass der Erzäh­ler hier die Fra­gen nicht wort­wört­lich ver­steht und sich, viel­leicht im Gegen­satz zu den Kin­dern, der Trans­fer­si­gna­le in die anthro­po­zen­tri­sche Onto­lo­gie bewusst ist. Die Fra­gen der Kin­dern las­sen sich offen­sicht­lich auch für den Men­schen anwen­den, obwohl sich dort erwar­tungs­ge­mäß eine ähn­li­che Apo­rie abzeich­net: Wo kom­men wir her? Was machen wir hier? Was pas­siert nach dem Tod? Und so wei­ter. Der Erzäh­ler hüllt sich jedoch in Akzep­tanz des Nicht­wis­sens und nimmt die Mög­lich­keit zum Macht­dis­kurs nur in sofern wahr, dass er ihn nicht wahrnimmt.

Der Akzep­tanz des Erzäh­lers wird die Unge­nüg­sam­keit der Kin­der ent­ge­gen­ge­setzt. Da ihre Fra­gen vom Erzäh­ler nicht beant­wor­tet wer­den (kön­nen), ver­su­chen sie Iden­ti­fi­ka­ti­ons­pro­zes­se zu initi­ie­ren, die mög­li­cher­wei­se Auf­schluss über das Dasein des Tiers geben könnten:

Manch­mal brin­gen die Kin­der Kat­zen mit, ein­mal haben sie sogar zwei Läm­mer gebracht. Es kam aber ent­ge­gen ihren Erwar­tun­gen zu kei­nen Erken­nungs­sze­nen. Die Tie­re sahen ein­an­der ruhig aus Tier­au­gen an und nah­men offen­bar ihr Dasein als gött­li­che Tat­sa­che gegen­sei­tig hin. (Kaf­ka: Eine Kreu­zung, 195)

Der Mensch, so wird in der Text­pas­sa­ge deut­lich, scheint hier dem Tier auf­grund sei­nes unstill­ba­ren Erkennt­nis­drangs sogar unter­le­gen zu sein, denn er wird Opfer sei­ner selbst, wohin­ge­gen Tie­re in der Lage sind, (gött­li­che) Tat­sa­chen als sol­che anzunehmen.

Die Tier­au­gen, aus denen sich die Kat­zen und Läm­mer gegen­sei­tig anse­hen, kön­nen hier als Sym­bol für die Nega­ti­on inter­sub­jek­ti­ver Bewusst­seins­er­fah­run­gen gele­sen wer­den. Der Phi­lo­soph Tho­mas Nagel begrün­det in sei­ner phi­lo­so­phi­schen Abhand­lung “What it is like to be a Bat?”, dass es trotz kom­ple­xes­ter Per­spek­ti­vie­rungs­ver­su­che unmög­lich sei, jemals ein ande­res Bewusst­sein als unser eige­nes zu haben oder zu erfah­ren. Die­se Erkennt­nis­se betref­fe natür­lich nicht nur das Ver­hält­nis zwi­schen Mensch und Tier, son­dern auch das Ver­hält­nis zwi­schen Mensch und Mensch (vgl. Nagel 2016: 18). Die Augen und die Wahr­neh­mung des Ande­ren blei­ben immer dem Ande­ren vor­be­hal­ten; der inter­sub­jek­ti­ve Per­spek­ti­ven­wech­sel wird immer ein uner­füll­ter Wunsch blei­ben. Der Erzäh­ler in „Eine Kreu­zung” erkennt dies zu Anfang als Wahr­heit an und begreift sei­ne Kreu­zung als „das schlecht­hin Ande­re, Unbe­greif­li­che, in sich selbst Wider­spruchs­vol­le” (Eme­rich: 138). Im wei­te­ren Ver­lauf des Tex­tes wird die­se Posi­ti­on jedoch auf­ge­ge­ben und der Erzäh­ler ver­sucht den­noch, durch die Augen der Kreu­zung zu sehen.

4.2 Sonderbare Fragen und der Anthropomorphismus

In ziem­lich genau der Mit­te des Tex­tes wird nar­ra­to­lo­gisch eine signi­fi­kan­te Bewusst­seins­ver­än­de­rung des Erzäh­lers deut­lich. Die anfäng­li­che, über­wie­gend natu­ra­lis­ti­sche, Beschrei­bung sei­nes Tie­res ver­än­dert sich abrupt zu einer anthro­po­mor­phi­sier­ten: Der Respekt vor dem Unfass­li­chen wird unver­mit­telt auf­ge­ge­ben. Lub­kolls zwei­te Refle­xi­ons­ebe­ne, wel­che die Fra­ge der Wahr­neh­mung, Dar­stel­lung und Dar­stell­bar­keit von Tie­ren aus mensch­li­cher Sicht betrifft, zeigt sich vor allem durch den star­ken Pro­jek­ti­ons­wunsch des Erzäh­lers und des­sen voll­stän­di­ge Auf­lö­sung der Gren­ze zwi­schen Mensch und Tier.

Der Erzäh­ler beginnt die­sen zwei­ten Abschnitt des Tex­tes mit der psy­chi­schen Ver­fasst­heit sei­ner Kreu­zung und ver­weist dabei kaum auf Evi­den­zen, son­dern zieht ledig­lich sub­jek­ti­ve Ein­drü­cke her­an. So ken­ne das Tier im Schoß des Erzäh­lers weder Angst noch Ver­fol­gungs­lust (Kaf­ka: Eine Kreu­zung, 295f.). Bemer­kens­wert ist hier vor allem, dass der Erzäh­ler von einer „Fami­lie” und „uns” spricht, wo das Tier am bes­ten auf­ge­ho­ben sein soll. Wer die­se Fami­lie ist und wie sie sich zusam­men­setzt, bleibt unklar. Ledig­lich ein Hier­ar­chie­ver­hält­nis zwi­schen Fami­lie und Tier ist zu erken­nen. Trotz der Ver­mensch­li­chung der Kreu­zung wer­den die Gefüh­le der Kreu­zung vom Erzäh­ler als „richtige[r] Instinkt eines Tie­res” (ebd.: 296) bezeich­net, wodurch der Erzäh­ler kurz­zei­tig sein Wis­sen um die Gren­ze zwi­schen Mensch und Tier andeutet.

Den­noch wird die­se Gren­ze zuneh­mend auf­ge­löst — sowohl auf mate­ria­lis­ti­scher als auch auf geis­ti­ger Ebene:

Manch­mal muß ich lachen, wenn es mich umschnup­pert, zwi­schen den Bei­nen sich durch­win­det und gar nicht von mir zu tren­nen ist. Nicht genug damit, daß es Lamm und Kat­ze ist, will es fast auch noch ein Hund sein. — Ein­mal als ich, wie es ja jedem gesche­hen kann, in mei­nen Geschäf­ten und allem, was damit zusam­men­hängt, kei­nen Aus­weg mehr fin­den konn­te, alles ver­fal­len las­sen woll­te und in sol­cher Ver­fas­sung zu Hau­se im Schau­kel­stuhl lag, das Tier auf dem Schoß, da tropf­ten, als ich zufäl­lig ein­mal hin­un­ter­sah, von sei­nen rie­sen­haf­ten Bart­haa­ren Trä­nen. — Waren es mei­ne, waren es sei­ne? — Hat­te die­se Kat­ze mit Lam­mes­see­le auch Men­schen­ehr­geiz? (ebd.)

Die Ver­mensch­li­chung des Tiers geht so weit, dass es dem Erzäh­ler sicht­lich schwer fällt, zwi­schen den eige­nen Trä­nen und denen des Tiers zu dif­fe­ren­zie­ren. Durch den Macht­dis­kurs des Erzäh­lers fin­det nahe­zu eine Syn­the­se aus Kreu­zung und Mensch statt. Die Gren­ze zwi­schen Mensch und Tier ist in die­sem Sta­di­um der Erzäh­lung außer­or­dent­lich fra­gil bezie­hungs­wei­se fast aufgelöst.

Die Pro­jek­ti­ons­flä­chen­er­wei­te­rung auf den Hund kann zudem als eine Erwei­te­rung des Anthro­po­mor­phis­mus auf die sprach­li­che Ebe­ne gese­hen werden:

Manch­mal springt es auf den Ses­sel neben mir, stemmt sich mit den Vor­der­bei­nen an mei­ne Schul­ter und hält sei­ne Schnau­ze an mein Ohr. Es ist, als sag­te es mir etwas, und tat­säch­lich beugt es sich dann vor und blickt mir ins Gesicht, um den Ein­druck zu beob­ach­ten, den die Mit­tei­lung auf mich gemacht hat. Und um gefäl­lig zu sein, tue ich, als hät­te ich etwas ver­stan­den, und nicke. — Dann springt es hin­un­ter auf den Boden und tän­zelt umher. (ebd.)

Obwohl sich hier die Gren­ze zwi­schen Mensch und Tier durch die Schein­kom­mu­ni­ka­ti­on noch wei­ter auf­zu­lö­sen scheint, fin­det eine kla­re Rück­be­sin­nung des Erzäh­lers auf die anthro­po­lo­gi­sche Dif­fe­renz statt. Man könn­te die­sen Vor­gang als eine beson­de­re Form der Pro­jek­ti­on betrach­ten und ihn als rekur­si­ven Anthro­po­mor­phis­mus bezeich­nen: Der Erzäh­ler nimmt die anthro­po­lo­gi­sche Dif­fe­renz zwi­schen Mensch und Tier schein­bar unge­trübt wahr und ver­lässt damit vor­erst bewusst die Ebe­ne der Pro­jek­ti­on. Dadurch, dass er dem Tier zulie­be jedoch etwas vor­spielt, sodass er als ver­stän­di­ger Gefähr­te gilt, stellt sich der einst über­kom­me­ne Anthro­po­mor­phis­mus als unbe­wusst wie­der­keh­rend her­aus. Das Prin­zip des rekur­si­ven Anthro­po­mor­phis­mus ist dahin­ge­hend beson­ders inter­es­sant, weil es auf­zeigt, dass die Ebe­ne der Pro­jek­ti­on nicht ver­las­sen wird. Auf abs­trak­ter Ebe­ne stellt sich zudem die Fra­ge, ob sie vom Men­schen je ver­las­sen wer­den kann.

4.3 Das erlösende Messer und die Tierethik

In den letz­ten Zei­len des ana­ly­tisch-achro­no­lo­gi­schen Refle­xi­ons­pro­zes­ses zeigt sich eine Rück­be­sin­nung des Erzäh­lers auf die Her­kunft der Kreuzung:

Viel­leicht wäre für die­ses Tier das Mes­ser des Flei­schers eine Erlö­sung, die muß ich ihm aber als einem Erb­stück ver­sa­gen. Es muß des­halb war­ten, bis ihm der Atem von selbst aus­geht, wenn es mich manch­mal auch wie aus ver­stän­di­gen Men­schen­au­gen ansieht, die zu ver­stän­di­gem Tun auf­for­dern. (ebd.)

Sowohl die Mord­fan­ta­sie als auch die Ver­scho­nung des Tie­res auf­grund des Erb­stück-Daseins wer­fen Fra­gen der Tier­ethik auf und las­sen sich somit unter Lub­kolls letz­ter Refle­xi­ons­ebe­ne fas­sen: Wie ist der Umgang mit dem Tier aus ethi­scher Per­spek­ti­ve zu beschrei­ben und zu bewerten?

Die Moti­va­ti­on zur Tötung liegt in der Ver­mensch­li­chung des Tiers begrün­det: „Es hat bei­der­lei Unru­he in sich, die von der Kat­ze und die vom Lamm, so ver­schie­den­ar­tig sie sind. Dar­um ist ihm sei­ne Haut zu eng” (ebd.). Es ist das Mit­ge­fühl und der Wil­le zur Gna­de, was den Erzäh­ler zur Tötung der Kreu­zung antreibt — und somit kei­ne grund­sätz­lich böse Absicht. Es han­delt sich hier­bei nichts­des­to­trotz um eine Recht­fer­ti­gung, die ein­zig und allein vom indi­vi­du­el­len Anthro­po­mor­phis­mus getra­gen wird; ihr ethi­scher Wert ist durch die­se Labi­li­tät daher grund­le­gend zu hinterfragen.

Im Gegen­satz dazu steht die Moti­va­ti­on zur Ver­scho­nung der Kreu­zung. Sie ent­springt gänz­lich außer­halb jeg­li­cher Pro­jek­ti­ons­me­cha­nis­men und resul­tiert in dem Ver­weis auf ein vom Men­schen gemach­tes Regel­sys­tem, des­sen (nor­ma­ti­ve) Ethik zwar ersicht­lich wird, aber deren Hin­ter­grund gänz­lich uner­klärt bleibt: Das Dasein als Erb­stück (des Vaters) recht­fer­tigt das Dasein — und stellt die­ses unter Schutz; das Dasein selbst ist nicht gene­rell schüt­zens­wert. Letz­ten Endes nimmt der Erzäh­ler aus Respekt vor die­sem ‘Gesetz’ die Tötung aus Mit­ge­fühl nicht vor.

Roland Bor­gards ver­weist dies­be­züg­lich vor allem auch auf die Ambi­va­lenz im ethi­schen Umgang mit dem Tier. So kön­ne sich für Kant Mora­li­tät auch in der Tötung eines Tie­res zei­gen; ent­schei­dend sei ledig­lich die Begrün­dung der Tötung und die Vor­ge­hens­wei­se (vgl. Bor­gards: 177). Die Refle­xi­on über das Töten wäre somit die ent­schei­den­de mora­li­sche Hand­lung, nicht das Töten oder Nicht-Töten des Tiers. Viel­leicht, so könn­te man argu­men­tie­ren, ist die Ver­scho­nung der Kreu­zung hier sogar unmo­ra­lisch, da kei­ne Refle­xi­on des Erzäh­lers über den mora­li­schen Wert der Ver­scho­nung statt­fin­det. Der Erzäh­ler hand­le dem­nach nicht als mora­lisch ver­ant­wort­li­ches Wesen. Bemer­kens­wert ist dies­be­züg­lich vor allem, dass sich die Moti­va­ti­on zur Tötung der Kreu­zung ethisch reflek­tier­ter dar­stellt als des­sen Verschonung.

5. Schlussbetrachtung

Obwohl jede Sys­te­ma­ti­sie­rung natur­ge­mäß nicht alle Tier­tex­te Kaf­kas glei­cher­ma­ßen abbil­den kann, zeigt sich in „Eine Kreu­zung” ein ver­dich­te­tes Zusam­men­spiel der von Lub­koll her­aus­ge­ar­bei­te­ten Refle­xi­ons­ebe­nen: „das Ein­tre­ten für die Tier­wür­de, das Auf­de­cken der Pro­jek­ti­ons­me­cha­nis­men und der Respekt vor der uner­gründ­li­chen ‚Natur’ des Tiers” (Lub­koll: 159). Die ethi­sche Viel­schich­tig­keit des Tex­tes wird zudem dadurch gestei­gert, dass es sich bei dem Tier um eine Kreu­zung aus Lamm und Kat­ze han­delt und somit beson­ders viel Pro­jek­ti­ons­flä­che offeriert.

„Eine Kreu­zung” ist des­we­gen gewiss noch kei­ne Fabel — zumin­dest nicht im ‘klas­si­schen’ Sin­ne. Doch wie sich in der vor­an­ge­gan­gen Ana­ly­se zeigt, hat eine gat­tungs­spe­zi­fi­sche Unter­su­chung hin­sicht­lich der Fabel auch bei Tex­ten ihre Berech­ti­gung, die vor­der­grün­dig kei­ne, nur schwach aus­ge­präg­te, oder ver­zerr­te Ele­men­te der Fabel auf­wei­sen. Das anthro­po­mor­phi­sier­te Tier wird hier­bei nicht als Vor­aus­set­zung für die Ethik her­an­ge­zo­gen, die Ethik zeigt sich in der Anthro­po­mor­phi­sie­rung selbst.

Bevor in „Eine Kreu­zung” die Gren­ze zwi­schen Erzäh­ler und Misch­tier fast gänz­lich ver­schwin­det, wird die anthro­po­lo­gi­sche Dif­fe­renz gewahrt und ein aus­ge­präg­ter Macht­dis­kurs ver­mie­den. Erst durch die Anthro­po­mor­phi­sie­rung kann sich der Wunsch des Erzäh­lers ein­stel­len, die Kreu­zung töten zu las­sen. Die Kreu­zung selbst ent­zieht sich jeg­li­cher mora­li­scher Bewer­tung, denn Begrif­fe wie „gut” oder „böse” kön­nen nicht sinn­voll appli­ziert wer­den. Erst durch den Umgang des Erzäh­lers mit der Kreu­zung wird ein ethi­scher Kon­text gene­riert, in dem sich Moral und ethi­sche Refle­xi­on nicht von Tie­ren erler­nen lässt, son­dern mit ihnen.

 

Literaturhinweise:

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Johan­nes Hof­mann, gebo­ren 1989, stu­dier­te an der Uni Regens­burg Anglis­tik, Phi­lo­so­phie und Deutsch als Fremd­spra­che. In sei­ner Abschluss­ar­beit beschäf­tig­te er sich mit Moral­kon­zep­tio­nen der lite­ra­ri­schen Moder­ne zu Beginn des 20. Jahr­hun­derts. Wäh­rend des Stu­di­ums arbei­te­te er unter ande­rem als Lehr­be­auf­trag­ter am Zen­trum für Spra­che und Kom­mu­ni­ka­ti­on der Uni Regens­burg sowie als Deutsch­leh­rer am Goe­the-Zen­trum in Kap­stadt und am Eli­te-Inter­nat St Peters in York. Mit beson­de­rem Schwer­punkt auf The­men der Ange­wand­ten Ethik (Bio­ethik, Tier­ethik, Medi­en­ethik), absol­viert er seit 2016 den inter­dis­zi­pli­nä­ren Mas­ter­stu­di­en­gang „Ethik der Text­kul­tu­ren“ in Augsburg.