Morbid Unglücklich

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© Johan­nes Kormann

von Johannes Kormann

Ihre Hän­de schlie­ßen sich um mei­nen Hals,
strei­cheln, schmei­cheln, drü­cken zu:
Fest und kurz.

Wan­dern wei­ter und pres­sen
mei­ne Mund­win­kel gen Nor­den.
Ich spü­re Nadeln, die sich in mein Fleisch boh­ren:
Ihre Fin­ger­nä­gel.

Gehauch­te Wor­te
wie flet­schen­de Zäh­ne am Ohr.

Nicht vom Ster­ben soll ich reden,
wenn ich doch so glück­lich bin.

Dass man sich erst glück­lich nen­nen darf,
wenn es vor­bei ist, erwi­de­re ich.

Sie lacht
mit Trä­nen in den Augen.
Ohr­feigt mich.

Ihr Arm, eine Schlan­ge,
führt bei mir zu Klaus­tro­pho­bie,
wenn er sich gut­ar­tig über uns spannt.
Mir gurt­ar­tig die Luft aus den Lun­gen presst.
Die Wär­me einer Umar­mung -
Eine voll­ge­schwitz­te Zwangs­ja­cke,
eine zit­tern­de Pla­ne.

Ihre Kno­chen durch­boh­ren mich,
als ich mei­ne Arme um ihren Kör­per lege.

Ich
wer­de sie nicht los­las­sen
wie es alle vor mir getan haben
und ich
mit mir.

In ihrem feuch­ten Blick lese ich
das­sel­be.

Johan­nes Kor­mann, gebo­ren 1997 in Lai­me­ring, ist schon sein Leben lang von Geschich­ten und ihrer Macht begeis­tert. Ab 2013 begann der Stu­dent der Ver­glei­chen­den Lite­ra­tur­wis­sen­schaft sei­ne Ideen in Skript­form fest­zu­hal­ten – eini­ge der dar­aus ent­stan­de­nen Wer­ke ver­öf­fent­licht er auf sei­ner Web­site. Unter Ein­flüs­sen der Thea­ter­kul­tur sowie diver­sen japa­ni­schen und west­li­chen Seri­en ent­wi­ckel­te er sei­nen Hang zur Dark Fic­tion. Sein male­risch-düs­te­rer Schreib­stil, der in einer Fas­zi­na­ti­on des Tra­gi­schen und Phan­tas­ti­schen wur­zelt, kon­fron­tiert Leser*innen mit unver­mit­tel­ten Wen­dun­gen und tro­cke­nem Humor.
Musi­ka­lisch inter­es­siert ist er an Metal­co­re und Cham­ber Pop und zählt Derek Lan­dy, Wal­ter Moers und Kei­i­chi Sig­sa­wa zu sei­nen größ­ten lite­ra­ri­schen Einflüssen.