Der öffentliche Raum als Aktionsfeld?

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über den Plakatkünstler Klaus Staeck

von Ulri­ke Jochum

Der öffent­li­che Raum wird für Staeck als Akti­ons­feld von jetzt an immer bedeu­ten­der. Bereits im Fol­ge­jahr war­tet er mit neu­en Moti­ven auf, bie­tet Zünd­stoff wäh­rend des Bundestagswahlkampfes.

Klaus Staeck ist Deutsch­lands bekann­tes­ter poli­ti­scher Pla­kat­künst­ler. Anläss­lich des 60-jäh­ri­gen Geburts­ta­ges der Bun­des­re­pu­blik und des 20. Jah­res­ta­ges des Mau­er­falls zeig­te das Erlan­ger Poe­ten­fest eine Aus­stel­lung sei­ner wich­tigs­ten Arbei­ten, die bis in die aktu­el­le Gegen­wart ein Stück Zeit­ge­schich­te die­ses Lan­des spiegeln.

Staeck, 1938 im säch­si­schen Pul­nitz gebo­ren, sie­delt mit 18 Jah­ren aus der DDR aus und stu­diert in Hei­del­berg, Ham­burg und Ber­lin Jura. Bereits ab 1960 unter­stützt er stu­den­ti­sche Grup­pen mit Flug­blät­tern, wird im sel­ben Jahr Mit­glied der SPD. Die ers­te gro­ße Akti­on fin­det 1971 in Nürn­berg statt. Par­al­lel zur Albrecht-Dürer-Jubi­lä­ums­aus­stel­lung pla­ka­tiert er die Stadt mit dem berühm­ten Por­trät von Dürers alter Mut­ter, ver­se­hen mit der Fra­ge: “Wür­den Sie die­ser Frau ein Zim­mer vermieten?”

Der öffent­li­che Raum wird für Staeck als Akti­ons­feld von jetzt an immer bedeu­ten­der. Bereits im Fol­ge­jahr war­tet er mit neu­en Moti­ven auf, bie­tet Zünd­stoff wäh­rend des Bun­des­tags­wahl­kamp­fes. In der Tra­di­ti­on von John Heart­field ver­wen­det er die Foto­mon­ta­ge­tech­nik um Denk­an­stö­ße zu geben, zu pro­vo­zie­ren und Vor­ur­tei­le sub­ver­siv zu unter­lau­fen. Sei­ne liebs­ten Stil­mit­tel sind Sati­re und Iro­nie. Text und Bild ste­hen häu­fig in Span­nung zuein­an­der, der Betrach­ter ist zum Mit­den­ken auf­ge­for­dert sowie dazu, Stel­lung zu bezie­hen. Um mög­lichst vie­le Men­schen errei­chen zu kön­nen, sind Staecks Pla­ka­te, Post­kar­ten und Auf­kle­ber auf eine mas­sen­haf­te Repro­du­zier­bar­keit hin ange­legt. Er möch­te “Kunst­wer­ke ohne aura­ti­sche Bar­rie­re” (Staeck, S.113) erschaffen.

Die gewähl­ten The­men sind dabei so unter­schied­lich wie die auf­zu­de­cken­den Miss­stän­de. Es geht ihm um Mei­nungs­frei­heit, den Schutz der Umwelt, die Siche­rung des Frie­dens und um sozia­le Pro­ble­me. Dabei wird auch poli­tisch klar Stel­lung bezo­gen. Staecks obers­tes Prin­zip ist die Unab­hän­gig­keit sei­ner Tätigkeit.

Die­se Hal­tung pro­vo­ziert, und so wur­den über die Jah­re hin­weg bereits 41 Pro­zes­se geführt, die alle­samt ihr Ziel ver­fehl­ten, eini­ge sei­ner Pla­ka­te gericht­lich ver­bie­ten zu las­sen. Das bestä­tigt den enga­gier­ten Künst­ler, der “Unru­he” und “demo­kra­ti­sche Ein­mi­schung” als “ers­te Bür­ger­pflicht” (Staeck, S. 128) betrach­tet. Mehr als 3000 Ein­zel­aus­stel­lun­gen zeig­ten bis­lang sein viel­fach aus­ge­zeich­ne­tes, umfas­sen­des Werk. Seit 2006 ist Klaus Staeck Prä­si­dent der Aka­de­mie der Küns­te in Berlin.

Quel­le: Klaus Staeck: Pla­ka­te. Steidl Ver­lag. Göt­tin­gen 2008.