Kult ‚mit Biss‘: Kultische Verehrung des ‚Anderen‘.

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von Fre­de­rik Offen

Beson­ders durch Ste­phe­nie Mey­ers Twi­light-Roma­ne rück­te die Gestalt des Vam­pirs in den letz­ten Jah­ren wie­der ver­stärkt in das öffent­li­che Bewusst­sein und wur­de auch für ein gro­ßes Lese­pu­bli­kum abseits des Hor­ror­gen­res inter­es­sant. Eben­so wie Anne Rices The Vam­pi­re Chro­nic­les kann Twi­light dabei durch­aus nicht nur als kom­mer­zi­ell höchst erfolg­rei­ches Pro­dukt, son­dern auch als Kult­phä­no­men gese­hen werden.

„Born to Darkness“: Die Rückkehr des Vampirs

Der Vam­pir erweist sich als äußerst zäher Wie­der­gän­ger – er ist ein­fach nicht tot zu krie­gen. Spe­zi­ell der Erfolg von Ste­phe­nie Mey­ers Twi­light-Serie (2005–2008)1 kam dabei einer Wie­der­be­le­bung gleich. Von den vier Roma­nen wur­den über 100 Mil­lio­nen Exem­pla­re ver­kauft (Stand 2010). Allein die Ein­nah­men der 2008 erschie­nen Ver­fil­mung des ers­ten Ban­des Twi­light betru­gen über 390 Mil­lio­nen US-Dol­lar (vgl. Ein­wäch­ter 2011: 1). In ihrer Wir­kung ist die Rei­he somit noch am ehes­ten mit dem Erfolg der Har­ry-Pot­ter-Roma­ne (1997–2007) und deren fil­mi­schen Umset­zun­gen (2001–2011) zu ver­glei­chen. Von grö­ße­rer Bedeu­tung für die Ent­wick­lung der Vam­pir­li­te­ra­tur im all­ge­mei­nen war jedoch eine ande­re Best­sel­ler­se­rie: Anne Rices The Vam­pi­re Chro­nic­les (1976–2003)2, deren Roma­ne „zen­tra­le Bei­spie­le post­mo­der­ner Vam­pir­li­te­ra­tur“ (Tha­ler 2009) sind.

Bestän­dig­keit zei­gen die Blut­sauger auch im Bereich des Films. Von den 760 in der Inter­net Movie Data­ba­se unter dem Stich­wort vam­pi­re ver­zeich­ne­ten Film­pro­duk­tio­nen erschien allein in den letz­ten zehn Jah­ren mehr als ein Drit­tel. Ab den 1980er Jah­ren rich­te­ten sich vor allem ame­ri­ka­ni­sche Vam­pir­fil­me in The­ma­tik und Gestal­tung ver­mehrt an Jugend­li­che, so etwa Kath­ryn Bige­lows Near Dark und Joel Schu­ma­chers The Lost Boys (bei­de 1987) (vgl. Gel­der 1994: 103). Einen erneu­ten Schub erhielt der Vam­pir­film 1992 mit Fran­cis Ford Cop­po­las Adapt­a­ti­on von Dra­cu­la. Der ers­te Band aus Anne Rices The Vam­pi­re Chro­nic­les, Inter­view with the Vam­pi­re (1976) wur­de 1994 erfolg­reich ver­filmt, eine Umset­zung des drit­ten Ban­des Queen of the Dam­ned folg­te 2002. Im Fern­se­hen war mit Buffy the Vam­pi­re Slay­er (1997–2003) eine Serie zu sehen, die ihrer­seits Kult­sta­tus erreich­te. Das The­ma ist auch Mit­tel­punkt der aktu­ell sehr erfolg­rei­chen Fern­seh­se­ri­en True Blood (seit 2008) und The Vam­pi­re Dia­ries (seit 2009), wobei letz­te­re zumin­dest optisch stark an Twi­light ange­lehnt ist. Neben Pro­duk­tio­nen mit gro­ßem kom­mer­zi­el­len Erfolg fin­den sich aller­dings auch noch Vam­pir­fil­me neue­ren Datums, die in klei­ne­rem Rah­men Kult­sta­tus errei­chen, so bei­spiels­wei­se der schwe­di­sche Film Låt den rät­te kom­ma in (dt. So fins­ter die Nacht, 2008; vgl. Math­ijs 2011.).

Was The Vam­pi­re Chro­nic­les und die Twi­light-Rei­he zu Kult­phä­no­me­nen macht, ist vor allem die Hin­ga­be der Fan­ge­mein­schaft zu die­sen Wer­ken. Zunächst ist aber die Fra­ge inter­es­sant, wor­in eigent­lich die Fas­zi­na­ti­on für die Gestalt des Vam­pirs begrün­det liegt.

„The Dark Gift“: Die Faszination des Anderen

Ent­schei­dend für die Eig­nung des Vam­pirs zum Kult­ob­jekt ist die Schaf­fung einer Iden­ti­fi­ka­ti­ons­flä­che für die Rezi­pi­en­ten durch eine zumin­dest teil­wei­se Abkehr vom Mons­trö­sen, das den Unto­ten tra­di­tio­nell anhängt. Einen bedeu­ten­den Schritt hin zu solch einer Vam­pir­fi­gur, die Joan L. Gor­don den sym­pa­the­tic vam­pi­re nennt (vgl. Gor­don 1988), tat Anne Rice mit der Ver­öf­fent­li­chung von Inter­view with the Vam­pi­re. Durch die Art der Erzäh­lung – der knapp zwei Jahr­hun­der­te alte Lou­is de Poin­te du Lac brei­tet sei­ne Geschich­te in einer Nacht einem jun­gen Mann aus, der sie auf Ton­band auf­zeich­net – erhält der Vam­pir, das Ande­re, erst­mals eine Stim­me (vgl. Gel­der 1994: 109, und Men­zel 1998: 126). Er prä­sen­tiert sich dabei „als füh­len­de, lei­dens­fä­hi­ge Krea­tur“ (Men­zel 1998: 132), die in der Rol­le eines Außen­sei­ters mit ihrer Exis­tenz hadert. Auf die­se Art wird der Vam­pir dem Leser ähn­lich genug, dass die­ser sich mit ihm iden­ti­fi­zie­ren kann: „It may pro­ve hel­pful momen­ta­ri­ly to con­sider Rice’s vam­pi­res not as mons­ters of the tra­di­ti­on but sim­ply as ‚Stran­gers‘, peo­p­le on the out­side, out­cast, ali­en, mons­trous. The Stran­ger is not the same as the human rea­ders but is simi­lar to them […]“ (Wood 1999: 74). Dabei steht die Dar­stel­lung des Vam­pirs als Frem­der in der Tra­di­ti­on der Vor­lie­be roman­ti­scher Dich­tung für Außenseiterfiguren:

Today, crea­tors of fic­tion­al vam­pi­res
often choo­se the Roman­tic path of
iden­ti­fi­ca­ti­on with the „ali­en“
super­na­tu­ral being rather than with
the supers­ti­tious majo­ri­ty bent on
exclu­ding and des­troy­ing him or her.
[…] Whe­re the vampire’s other­ness
posed a ter­ri­fy­ing thre­at for the
ori­gi­nal rea­ders of Dra­cu­la, howe­ver,
today that same ali­en qua­li­ty is often
per­cei­ved as an attrac­tion. (Car­ter
1997: 28f.)

Die­ser neue Blick­win­kel auf Vam­pi­re raubt dem eins­ti­gen Mons­ter auch einen wich­ti­gen Aspekt sei­nes Bedro­hungs­po­ten­ti­als: Anstatt als blut­rüns­ti­ger Mör­der erscheint der Vam­pir nun viel mehr als Raub­tier, das tötet, um zu über­le­ben (vgl. Gor­don 1988: 229–232). Nina Auer­bach ver­tritt die The­se, dass Vam­pi­re als Reprä­sen­tan­ten ihrer Zeit auf­tre­ten (vgl. Auer­bach 1995: 3), also gewis­ser­ma­ßen die geis­ti­gen Strö­mun­gen ihrer Umge­bung wider­spie­geln. So zeigt sich Lou­is qua­si als post­mo­der­ner Vam­pir, ein als unter sei­nem Wesen lei­den­der Melan­cho­li­ker, der sich zuneh­mend ver­zwei­felnd in „einer Welt vol­ler Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit“ (Men­zel 1998: 133) bewegt, in der sämt­li­che Ord­nungs­sys­te­me ihre Bedeu­tung ver­lo­ren haben. Sein Schöp­fer Les­tat tritt, wohl auch in Anleh­nung an John Wil­liam Poli­do­ris The Vam­py­re (1816), als Byro­nic hero (vgl. Auer­bach 1995: 1) jen­seits von Moral auf, der Lou­is kei­ne Ant­wor­ten bie­ten kann. In sei­ner Ver­dammt­heit zu ewi­gem Leben ähnelt er hier Lord Byrons „The Gia­our“ (1813): „The figu­re in per­pe­tu­al exi­le, con­dem­ned to wan­der the earth, never at peace […]“ (Gel­der 1994: 29). Dras­tisch dar­ge­stellt wird das Aus­maß der Hoff­nungs­lo­sig­keit und Ver­zweif­lung in der Sze­ne in einer Kathe­dra­le, die Lou­is ent­ge­gen tra­di­tio­nel­ler Vor­stel­lun­gen über Vam­pi­re pro­blem­los betre­ten kann:

I knew full well the mea­ning of it.
God did not live in this church; the­se
sta­tu­es gave an image to not­hing­ness.
I was the super­na­tu­ral in this
cathe­dral. I was the only super­mor­tal
thing that stood con­scious under this
roof! Loneli­ne­ss. Loneli­ne­ss to the
point of mad­ness. The cathe­dral
crum­bled in my visi­on; the saints
lis­ted and fell. Rats ate the Holy
Eucha­rist and nes­ted on the sills. […]
And I remain­ed stan­ding. Untouch­ed.
Undead – rea­ching out sud­den­ly for the
plas­ter hand of the Vir­gin and see­ing
it break in my hand, so that I held
the hand crumbling in my palm, the
pres­su­re of my thumb tur­ning it to
pow­der. (Rice 2009: 144)

Die­ses Iden­ti­fi­ka­ti­ons­po­ten­ti­al bie­tet dem Leser natür­lich auch die Mög­lich­keit zur Rea­li­täts­flucht. Die Fas­zi­na­ti­on für den Vam­pir beruht zu einem gro­ßen Teil auf den Eigen­schaf­ten, die ihn vom Men­schen unter­schei­den. Er dient als Pro­jek­ti­ons­flä­che für den Wunsch, die Last des Alterns und des Todes, eben­so wie die Ver­letz­lich­keit und Schwä­che des Kör­pers hin­ter sich zu las­sen (vgl. McMa­hon 2009: 193–197). Gera­de in Twi­light erschei­nen die Vam­pi­re als außer­ge­wöhn­lich schö­ne Wesen, deren über­na­tür­li­che Kräf­te und Fähig­kei­ten sie in die Nähe von Super­hel­den rücken (vgl. McMa­hon 2009: 197f.). Auf­fäl­lig an Mey­ers Roma­nen ist dabei, dass die Vam­pi­re aus dem Umfeld der Prot­ago­nis­tin Bel­la Swan schein­bar ent­dä­mo­ni­siert wer­den. Die Mit­glie­der der Cul­len-Fami­lie sind nicht durch Son­nen­licht ver­wund­bar, müs­sen kei­ne Angst vor Kreu­zen haben und ernäh­ren sich streng vege­ta­risch, kon­trol­lie­ren also bewusst ihren Durst nach mensch­li­chem Blut. Somit zei­gen sie ober­fläch­lich kei­ne Ähn­lich­keit mehr mit den wan­deln­den Toten aus den Sagen, die wäh­rend der Vam­pir­ma­nie des frü­hen 18. Jahr­hun­derts gan­ze Land­stri­che in Angst ver­setz­ten und in Euro­pa viel dis­ku­tiert wur­den (vgl. Völ­ker 1994: 515–521). Durch die­sen Wan­del eig­nen sie sich aus mora­li­scher Sicht wesent­lich bes­ser als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gu­ren (vgl. McMa­hon 2009: 201f.).

Aller­dings ver­lie­ren auch bei Mey­er die Vam­pi­re nicht ganz ihren Schre­cken. Sie sind immer noch als Tote erkenn­bar, die zu mons­trö­sen Hand­lun­gen fähig sind (vgl. McMa­hon 2009: 203). In genau die­sem Schre­cken liegt jedoch eben­falls ein Teil der Anzie­hungs­kraft, die von Vam­pi­ren aus­geht. Der Blut­durst und die Jagd ver­wei­sen auf tie­ri­sche Instink­te, deren Aus­le­bung einen Tabu­bruch bedeu­tet (vgl. McMa­hon 2009: 200f.). Die Lust an der Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Tod deu­tet auf eine Fas­zi­na­ti­on für das Mor­bi­de hin, wie sie bereits in der Gra­vey­ard poet­ry und natür­lich der Gothic novel zu fin­den ist (vgl. Clark 1998: 107, und Miles 2007: 13f.). Nicht zuletzt zeigt sich dies in der sexu­el­len Auf­la­dung des Vam­pirs, also der Ver­bin­dung von Eros und Tha­na­tos (vgl. Gel­der 1994: 66–79).

Die Anzie­hung, die Vam­pi­re auf Men­schen aus­üben, führt sowohl bei Rice als auch bei Mey­ers zu der logi­schen Kon­se­quenz, dass mensch­li­che Figu­ren selbst dar­um bit­ten, ver­wan­delt zu wer­den. Bel­la Swan möch­te die Ewig­keit mit ihrem Gelieb­ten ver­brin­gen (vgl. Mey­ers 2009: 431f.), ein Wunsch, der ihr schließ­lich im vier­ten Band der Serie gewährt wird. Der jun­ge Mann aus Inter­view with the Vam­pi­re sehnt sich nach der ver­meint­li­chen Flucht aus der Ein­tö­nig­keit eines mensch­li­chen Lebens, trifft damit aber bei Lou­is nur auf Ablehnung:

„Don’t you see how you made it sound?
It was an adven­ture like I’ll never
know in my who­le life! You talk about
pas­si­on, you talk about lon­ging! You
talk about things that mil­li­ons of us
won’t ever tas­te or come to
under­stand. And then you tell me it
ends like that. I tell you…“ And he
stood over the vam­pi­re now, his hands
outstret­ched befo­re him. „If you were
to give me that power! The power to
see and feel and live fore­ver!“ (Rice
2009: 339)

Vampirkult und fandom

Sowohl The Vam­pi­re Chro­nic­les als auch die Twi­light-Rei­he kön­nen als Kult­phä­no­me­ne betrach­tet wer­den, wobei für die­se Ein­schät­zung nicht der kom­mer­zi­el­le Erfolg aus­schlag­ge­bend ist, son­dern viel­mehr „das enthu­si­as­ti­sche Bekennt­nis“ (Freiburg/May/Spiller 2004: vii) ihrer Anhän­ger zu die­sen Tex­ten. Die gewal­ti­ge Ver­brei­tung der bei­den Roman­se­ri­en lässt sie natür­lich, ähn­lich wie die Har­ry-Pot­ter-Roma­ne, an der Gren­ze zwi­schen Kult und Popu­lär­kul­tur ste­hen, zumal beson­ders Twi­light als aktu­el­lem Best­sel­ler die Exklu­si­vi­tät fehlt. Aller­dings schlägt Die­ter Pet­zold eine der Gegen­wart ange­pass­te Deu­tung des Kul­tes vor:

Die Hal­tung der qua­si-reli­giö­sen
Ver­eh­rung, wie sie der Bild­spen­der
‚Kult‘ impli­ziert, ist ein Phä­no­men,
das der Ver­gan­gen­heit ange­hört oder
doch nur höchst sel­ten vor­kommt. Die
außer­ge­wöhn­li­che ‚kult­ähn­li­che‘
Rezep­ti­on, die in unse­rer Zeit
domi­niert, ist eine weni­ger
eli­tär-sek­tie­re­ri­sche, eine sehr viel
brei­te­re, und auch distan­zier­te­re
Ange­le­gen­heit: Sie über­schnei­det sich
mit dem, was man neu­deutsch als
‚Fan­we­sen‘ oder schlicht eng­lisch als
fan­dom bezeich­net. (Pet­zold 2004: 225)

Eben die­ses mit gro­ßer Lei­den­schaft agie­ren­de fan­dom fällt im Zusam­men­hang mit den bei­den Seri­en auf, wobei hier auf­grund der Aktua­li­tät beson­ders Twi­light inter­es­sant ist. Die Serie rich­tet sich über­wie­gend an eine Ziel­grup­pe aus weib­li­chen Teen­agern und jun­gen Erwach­se­nen (vgl. Ames 2010: 40, und Ste­vens Aubrey/Walus/Click 2010: 230). Im Hin­blick auf die­se Ziel­grup­pe wird gera­de die Ver­mitt­lung sehr kon­ser­va­ti­ver Geschlech­ter­rol­len durch die Roma­ne kri­tisch dis­ku­tiert.3 Ein beacht­li­cher Teil des Aus­tau­sches zwi­schen den Fans fin­det dabei im Inter­net auf von ihnen gestal­te­ten Sei­ten statt. Die­se fan­sites ent­hal­ten bei­spiels­wei­se aktu­el­le Mel­dun­gen rund um die Bücher und Fil­me, Blogs, Dis­kus­si­ons­fo­ren sowie Links zu Mer­chan­di­sing-Arti­keln. Gera­de in eini­gen Foren prä­sen­tie­ren sich die Fans als Grup­pie­rung mit star­kem Gemein­schafts­ge­fühl, die durch­aus auch bereit ist, ihr Kult­ob­jekt mit einer gewis­sen kri­ti­schen Distanz zu dis­ku­tie­ren.4 Obwohl das Inter­net die Ent­ste­hung eines der­ar­ti­gen Fan­kults sicher­lich erst mög­lich gemacht hat, fin­det die Ver­net­zung der Fans nicht aus­schließ­lich in der vir­tu­el­len Welt statt. Der Anne Rice’s Vam­pi­re Les­tat Fan Club bei­spiels­wei­se orga­ni­siert regel­mä­ßig Fan­tref­fen, soge­nann­te Bäl­le. Ähn­li­che Ver­an­stal­tun­gen wer­den auch für Twi­light gebo­ten, so etwa mit der inof­fi­zi­el­len Twi­Con, die ein­ma­lig 2009 statt­fand (vgl. Click/Stevens Aubrey­/­Behm-Mora­witz 2010: 14), und den jähr­lich von Crea­ti­on Enter­tain­ment aus­ge­rich­te­ten con­ven­ti­ons an ver­schie­de­nen Orten in den USA (vgl. Offi­ci­al Twi­light Con­ven­ti­ons). Die Orte Forks und Vol­ter­ra, die in der Twi­light-Rei­he als wich­ti­ge Schau­plät­ze vor­kom­men, sind im Zuge des Erfolgs gar zu Pil­ger­stät­ten für Fans gewor­den (vgl. Ein­wäch­ter 2011: 14) ? ein Phä­no­men, das man unter ande­rem auch von David Lynchs Fern­seh­se­rie Twin Peaks (1990–1991) kennt.

Die Autoren und Unter­neh­men hin­ter den Pro­duk­ten sind sich der Bedeu­tung des Fan­we­sens für den kom­mer­zi­el­len Erfolg voll­kom­men bewusst. Mey­er nutz­te von Beginn an die Mög­lich­kei­ten der sozia­len Netz­wer­ke und Inter­net­fo­ren, um mit ihren Lesern in Kon­takt zu tre­ten„ sie dar­über hin­aus an ihrer Arbeit teil­ha­ben zu las­sen und so ihre Bücher zu bewer­ben (vgl. Click et al. 2010: 3). Die Pro­duk­ti­ons­fir­ma Sum­mit Enter­tain­ment band die Fans vor Erschei­nen der ers­ten Twi­light-Ver­fil­mung eben­falls stark in das Mar­ke­ting ein (vgl. Ein­wäch­ter 2011: 9). Mey­er för­dert die Ver­net­zung ihrer Fans aktiv durch die Bereit­stel­lung einer Link­lis­te von fan­sites auf ihrer eige­nen Internetseite.

Von gro­ßer Wich­tig­keit in Bezug auf das Fan­we­sen von Twi­light und sicher­lich mit am inter­es­san­tes­ten ist die akti­ve, krea­ti­ve Aus­ein­an­der­set­zung der Fans mit den Tex­ten in Form von fan fic­tion. Sol­che Geschich­ten, die sich der Figu­ren und Ele­men­te ihres Bezugs­tex­tes bedie­nen, erlang­ten in den 1960er Jah­ren durch die Ver­öf­fent­li­chun­gen in Fan­zines der Fern­seh­se­rie Star Trek Bekannt­heit (vgl. Par­rish 2010: 176). Wie bei ande­ren Bezugs­tex­ten auch – als Bei­spiel sei hier erneut Har­ry Pot­ter genannt – wird für Twi­light sol­che fan fic­tion auf Inter­net­sei­ten gesam­melt, dis­ku­tiert und kate­go­ri­siert, bei­spiels­wei­se nach Art der dar­ge­stell­ten Lie­bes­ver­hält­nis­se (vgl. Pet­zold 2004: 235). Die Zahl der Ver­öf­fent­li­chun­gen ist gewal­tig: Das Twi­light Fan­Fic­tion Archi­ve ver­zeich­net allei­ne über 127.000 Tex­te, die Sei­te Twi­ligh­ted immer­hin noch über 6.300. Beim Ver­fas­sen der fan fic­tion neh­men sich die Ver­fas­ser jede erdenk­li­che krea­ti­ve Frei­heit. Lücken der Bezugs­tex­te wer­den gefüllt und lose Enden auf­ge­grif­fen, Hand­lungs­strän­ge wer­den neu geschrie­ben oder gar durch soge­nann­te cross­overs mit ande­ren Wer­ken ver­knüpft (vgl. Par­rish 2010: 175). Die Reak­ti­on der Autoren der Haupt­tex­te ist aller­dings unter­schied­lich. Wäh­rend Ste­phe­nie Mey­er die Ent­wick­lung von fan fic­tion durch­aus gut­heißt, lehnt Anne Rice sie strikt ab und ver­bie­tet den Fans jede Ver­öf­fent­li­chung die­ser Art (vgl. Anne’s Mes­sa­ges to Fans).

Ausblick

Wie bestän­dig sich das Twi­light-fan­dom erweist, wird sich natür­lich erst in den nächs­ten Jah­ren zei­gen. Bis zur Ver­öf­fent­li­chung des letz­ten Films Ende 2012 ist sicher­lich nicht mit einem star­ken Rück­gang der Fan­ge­mein­schaft zu rech­nen. Es ist aber durch­aus denk­bar, dass danach – auch bedingt durch ein Her­aus­wach­sen der jugend­li­chen Fans – eine rück­läu­fi­ge Ent­wick­lung ein­setzt. Ein Schrump­fen der Fan­ge­mein­de hät­te eine grö­ße­re Exklu­si­vi­tät zur Fol­ge, wodurch Twi­light wie­der mehr in die Nähe klas­si­scher Kult­ob­jek­te rücken würde.

Literaturverzeichnis

Pri­mär­li­te­ra­tur

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Sekun­där­li­te­ra­tur

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Inter­net­quel­len

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Anmerkungen


  1. Twi­light (2005); New Moon (2006); Eclip­se (2007); Brea­king Dawn (2008). 
  2. The Vam­pi­re Chro­nic­les umfasst zehn Roma­ne: Inter­view with the Vam­pi­re (1976); The Vam­pi­re Les­tat (1985); The Queen of the Dam­ned (1988); The Tale of the Body Thief (1992); Mem­noch the Devil (1995); The Vam­pi­re Armand (1998); Mer­rick (2000); Blood and Gold (2001); Black­wood Farm (2002); Blood Can­ti­c­le (2003). Dazu kom­men noch die New Tales of the Vam­pi­res: Pan­do­ra (1998) und Vitto­rio the Vam­pi­re (1999). 
  3. Für eine Dis­kus­si­on der Geschlech­ter­rol­len in Twi­light sie­he Bor­gia 2011 und Platt 2010. 
  4. Vgl. bei­spiels­wei­se im Forum des Twi­light Lexi­con die Dis­kus­sio­nen „Made fun of for liking Twi­light“ (http://forum.twilightlexicon.com/viewtopic.php?f=15&t=5712) und „Explo­ra­ti­ons“ (http://forum.twilightlexicon.com/viewtopic.php?f=15&t=5828). 
Portrait Frederik Offen

Fre­de­rik Offen, Jahr­gang 1981, stu­dier­te anglis­ti­sche Lite­ra­tur­wis­sen­schaft und Lin­gu­is­tik sowie Ger­ma­nis­ti­sche Lin­gu­is­tik an der Uni­ver­si­tät Erlan­gen. Zur Zeit arbei­tet er an sei­ner Dis­ser­ta­ti­on zum The­ma „Lite­ra­tur und Demenz“.